Donnerstag, 4. Januar 2018

Deichgrab, Sandra Dünschede, Gmeiner Verlag



Deichgrab, Sandra Dünschede, Gmeiner Verlag
Dies ist eine Neuauflage mit neuem Cover. Die Geschichte spielt ca. 1997.
Als Kind wuchs Tom Meissner bei seinem geliebten Großvater, einem Arzt, auf, nachdem seine Eltern bei einem Autounfall starben. Als Tom 10 Jahre alt ist, stirbt auch sein Opa und er zieht nach Friesland zu seinem bis dato unbekannten und eigenbrötlerischen Onkel Hannes. Dieser ist verschlossen und lebt sehr zurück gezogen, ohne Kontakt zu anderen Menschen. Doch auch Tom findet keinen Anschluß in der Dorfschule, so daß seine Kindheit fortan sehr einsam ist. Daher zieht er direkt nach dem Abi zum Studium nach München und kommt erst nach der Beerdigung seines Onkels zurück um dessen Nachlass zu regeln. Erst im Gespräch mit dem Pastor erfährt Tom, daß Hannes des Mordes an der 13 jährigen Britta Johannssen, einem Mädchen aus dem Dorf angeklagt und aus Mangel an Beweisen freigesprochen wurde. Das Dorf hielt ihn weiterhin für schuldig und mied daher nicht nur Hannes, sondern auch seinen Neffen Tom. Dieser kann gar nicht glauben, daß sein einsiedlerischer Onkel ein Mörder gewesen sein soll, er hatte als Kind nie Angst vor ihm. Er beginnt Nachforschungen, doch das Dorf schweigt sich ihm gegenüber genauso aus, wie damals. Nur Haie, der schon damals an Hannes Unschuld glaubte durchbricht die Mauer des Schweigens und der Lügen.
Ein Krimi aus der Welt vor den Smartphone und den mobilen Suchmaschinen fürs Handy. Dadurch friesisch entschleunigt aber keine Sekunde langweilig. Die klaustrophobische Atmosphäre des Dorfes und ihre Ablehnung gegenüber Tom sind zum Greifen nah, doch ziehen sie einen beim Lesen nicht hinunter, sondern bauen eine beständige Grundspannung auf die nicht abflacht. Was haben die Dorfbewohner zu verbergen? Welche Lügenkonstrukte kann Tom noch aufdecken? Wie soll er mit seinen Nachforschungen vorankommen, wenn niemand mit ihm spricht? Trotz einer gewissen Düsternis, ist dieser Krimi stets spannend aber nicht negativ. Das fand ich wirklich toll. Ein weiteres Bonbon waren für mich neben dem reinen atmosphärischen Lokalkolorit auch die Informationen zur Geschichte und der Entstehung dieser rauen Landschaft, die die Bewohner und die Literatur gleichermaßen prägt. Durch die Promotionsstudentin Marlene, die Tom bei einem Wildunfall kennenlernt, bekommt man noch einmal Einblick in die Welt Theodor Storms und des Schimmelreiters. Man kann sich den Deichgrafen plastisch auf seinem Pferd hoch oben auf der Deichkrone vorstellen.
Die merkwürdigen Dorfbewohner waren interessant und ich wollte stets wissen, was sie verbindet und was sie verbergen. Die Autorin erzählt die Geschichte aus verschiedenen Perspektiven, manchmal aus der Ich-Perspektive eines Täters und dennoch ist nicht klar, wer nun Schuld ist, oder ob es mehrere sind.
Auch die persönliche Entwicklung des Protagonisten gefällt mir. Tom, der einsam aufwuchs, findet nun einen echten Freund, auch wenn dieser von ihm sehr verschieden ist, aber die Abneigung gegen das Lügengebilde des Dorfes schweißt sie zusammen. Doch auch auf der romantischen Ebene tut sich was ganz zart bei Tom. Diese Reise in die Vergangenheit, wird für ihn auch eine zu sich selbst.
Dies ist der Debutkrimi der Autorin Sandra Dünschede, von der man seither noch einiges mehr im Gmeiner Verlag entdecken kann. Es hat mich wirklich erstaunt, daß ein Erstling sich so flüssig liest. Trotz 380 Seiten hatte ich kein Bedürfnis den Rotstift anzusetzen und zu kürzen, was ich sonst schon häufiger mal empfinde.  
Ich bedanke mich ganz herzlich für dieses Rezensionsexemplar vom Bloggertreffen des Gmeiner Verlags auf der Frankfurter Buchmesse 2017.

Mittwoch, 3. Januar 2018

Scary Harry Band 6: Hals und Knochenbruch, Sonja Kaiblinger, gesprochen von Christian Rudolf, Jumbo Verlag



Scary Harry Band 6: Hals und Knochenbruch, Sonja Kaiblinger, gesprochen von Christian Rudolf, Jumbo Verlag
Auch in Band Nr. 6 ist wieder ganz schön was los! Direkt zu Beginn versuchen Sensenmann Harry im Sichtbarmodus, Otto und Halbgeisterfledermaus Vincent die Seele einer 99-jährig Verstorbenen zu fangen. Doch oh Schreck, die Seelen kann aus Harrys Netz entwichen und eine unbekannte Gestalt steckt sie einfach wieder in den leblosen Körper, der nun mehr wieder lebendigen Greisin! Harrys gute Laune nach seiner Beförderung dank Abenteuer Nr. 5 ist erschüttert! Wer mag nur dahinter stecken? Bei einer Panne mit Ottos neuer Jenseitstelefonie-Schneekugel wird Vincent ungeplant ins Jenseits transportiert. Ob man über dieses Portal auch ins Jenseitsgefängnis Qualcatraz gelangen kann um Ottos Eltern zu befreien? Vincent soll Geschichte schreiben und muß als Testtier einige Jenseitskneipen testen, da er überall landet, nur nicht in Qualcatraz. Dann entwickelt sich Emilys Freund Albert zur reinsten Plage und erpresst Onkel Archibald, so daß Tante Sharon beschließt, daß sie alle einen Skiurlaub in Österreich dringend nötig haben, um Albert zu entkommen. Doch schon bei der Einreise nach Österreich wird es abenteuerlich, da Emily von zwei Anzugträgern des Diebstahls bezichtigt und bedroht wird. Kein Wunder, daß es zu wahnwitzigen Fluchten auf Skiern kommt – inklusive Otto, der nicht Skifahren kann!

Auch dieser Band ist wieder herrlich schräg und witzig! Dieser Wortwitz begeistert nicht nur Kinder, auch die Eltern haben ihre wahre Freude daran! Unser ganz besonderer Liebling ist ja die Halbgeisterfledermaus Vincent mit seinem vorlauten Mundwerk. Hier liegt aber auch das Problem. Dieser Band wird von einem anderen Sprecher als üblich gesprochen und somit klingt Vincent nicht mehr nach Vincent. Das hat meiner Tochter nicht gut gefallen und mich hat es beim Zuhören sehr verwirrt, weil nicht immer gesagt wird, wer spricht, sondern man die Unterschiede hören muß. Christian Rudolf hat eine sehr angenehme sympathische Stimme. Er spricht sehr variabel und gibt, so wie sonst Robert Missler auch, jedem Charakter seine eigene typische Sprechweise. Für Neueinsteiger in die Reihe wirklich super, denn er macht das schon toll, er ist halt einfach ein anderer Sprecher, als bei den übrigen 6 Bänden. Selbst meine voreingenommene Tochter, deren Lieblingssprecher nun einmal Robert Missler ist, findet, daß er es gut macht, aber nun einmal die falsche Stimme hat, da kann man nichts machen. Wie gesagt, für Neueinsteiger in die Serie ist das kein Problem. Diesen wird der Einstieg auch dadurch erleichtert, daß das Booklet nicht nur die vollständige Trackliste mit den Kapitelüberschriften des Buches enthält, sondern auch wieder Steckbriefe der Hauptpersonenen Otto, Emily, Vincent und natürlich Sensenmann Harold, genannt Scary Harry, mit dem jeweiligen Portrait des Illustrators Fréderic Bertrand.  Sehr schön ist auch, daß jeder Tonträger eine andere Illustration zeigt, einmal Otto, einmal Emily und einmal Harry bei ihrer wahnwitzigen Abfahrt auf Skiern.
Diesmal spielt sich die Action hauptsächlich rund um den Radieschenweg, dem Kino oder dem österreichischen Feriendomizil ab. Die Sigmund Schwefelkopf Schule ist diesmal eher bedeutungslos, aber Emilys unsympathischer Freund Albert schafft es auch so, sich seinen Platz ins Buch hinein zu mogeln. Seine Dreistigkeit ist für mich definitiv ein Highlight dieses Bandes. Da er aber nicht der einzige Bösewicht in diesem Band ist, ist es richtig spannend. Denn die übrigen Bösewichte können Otto und Emily noch nicht wirklich einschätzen. Wer sind sie und in wessen Auftrag handeln sie. Was sollen sie von Madame Olgas neuem Freund Rockko halten, der sich als erstaunlich anhänglich erweist?
Sprachlich ist die Geschichte wirklich abwechslungsreich und sehr plastisch. Allerdings kommen wieder diverse Fremdwörter und vor, aber so erweitern wir den Wortschatz.
Auch nach 5 Bänden Scary Harry sind keine Ermüdungserscheinungen zu erkennen. Es sprüht nur so vor gruseligen und aberwitzigen Einfällen und der Wortwitz hat es wieder in sich.
Das Ende ist ein wenig offen, dennoch ist es für uns ein Happy End, denn ehrlich, wenn es Otto gelingen würde seine Eltern zu befreien und den Schurken, die sie unschuldig in Qualcatraz gefangen halten zur Rechenschaft zu ziehen, dann wäre die Serie vielleicht zu Ende und das wollen wir auf keinen Fall! Wir wollen unbedingt noch mehr Abenteuer und witzige Ideen.
Für Neulinge der Serie 5 von 5 Sternen, für alte Hasen wie wir, muß man aber einen Stern für den Sprecheraustausch abziehen, das irritiert  einfach beim Zuhören, selbst wenn er seine Sache toll macht.
Wir bedanken uns ganz herzlich beim Jumbo Verlag für dieses Rezensionsexemplar und würden noch gerne weitere Hörbücher mit Christian Rudolf hören, wenn auch nicht als Austauschsprecher für bereits liebgewonnene Hörgewohnheiten.